Bereits die durch seine Wunderzeichen wird deutlich, dass Jesus nicht nur ein Wanderprediger oder Prophet wie jeder andere war. Wie war nun sein Selbstverständnis? Die Bibel schildert Folgendes:
(Joh. 14:8 ff) Philippus spricht zu Jesus: Herr, zeige uns den Vater, und es genügt uns. Jesus spricht zu ihm: So lange Zeit bin ich bei euch, und du hast mich nicht erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen.“ Das sind klare Worte.
An anderer Stelle antwortet er seinen Zeitgenossen:
Joh 8,50-59: Da antworteten ihm die Juden: Sagen wir nicht mit Recht: Du bist ein Samariter und von einem Dämon besessen? Jesus erwiderte: Ich bin von keinem Dämon besessen, sondern ich ehre meinen Vater; ihr aber schmäht mich. Ich bin nicht auf meine Ehre bedacht; doch es gibt einen, der darauf bedacht ist und der richtet.
Amen, amen, ich sage euch: Wenn jemand an meinem Wort festhält, wird er auf ewig den Tod nicht schauen. Da sagten die Juden zu ihm: Jetzt wissen wir, dass du von einem Dämon besessen bist. Abraham und die Propheten sind gestorben, du aber sagst: Wenn jemand an meinem Wort festhält, wird er auf ewig den Tod nicht erleiden. Bist du etwa größer als unser Vater Abraham? Er ist gestorben und die Propheten sind gestorben. Für wen gibst du dich aus?
Jesus antwortete: Wenn ich mich selbst ehre, so gilt meine Ehre nichts. Mein Vater ist es, der mich ehrt, er, von dem ihr sagt: Er ist unser Gott. Doch ihr habt ihn nicht erkannt. Ich aber kenne ihn, und wenn ich sagen würde: Ich kenne ihn nicht, so wäre ich ein Lügner wie ihr.
Aber ich kenne ihn und halte an seinem Wort fest. Euer Vater Abraham jubelte, weil er meinen Tag sehen sollte. Er sah ihn und freute sich.
Die Juden entgegneten: Du bist noch keine fünfzig Jahre alt und willst Abraham gesehen haben? Jesus erwiderte ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Noch ehe Abraham wurde, bin ich. Da hoben sie Steine auf, um sie auf ihn zu werfen. Jesus aber verbarg sich und verließ den Tempel. „
Abraham lebte ca. um 2000 v. Chr. Wie seine Zeitgenossen richtig feststellten, hätte Jesus Abraham gar nicht gesehen haben können, wenn er ein normaler Mensch gewesen wäre. Jesus antwortet: „Noch ehe Abraham wurde, bin ich“. Jesus stellt sich mit dem gleichen Namen vor, wie Gott sich dem Propheten Moses aus dem brennenden Dornbusch vorstellt. Benedikt XVI. schildert in seinem Buch Jesus von Nazareth diese Begegnung zwischen Gott und Mose aus Ex 3,14. In dieser ruft Gott Mose aus einem brennenden Dornbusch, der nun Gott fragt: Wie heißt du? Ihm wird als Antwort der Name JHWH gegeben, dessen Bedeutung der Gott selbst mit der Aussage: „Ich bin, der ich bin“ auslegt. Jesus sagt damit, dass in ihm ist das Geheimnis des einen Gottes persönlich anwesend ist. (Quelle: Benedikt XVI: Jesus von Nazareth, BD 1 : S. 398-402)
Jesus der Menschensohn:
„Es kam vor Jesus, dass sie ihn (einen Blindgeborenen, den er geheilt hatte) ausgestoßen hatten. Und als er ihn fand, fragte er: Glaubst du an den Menschensohn? Er antwortete und sprach: Herr, wer ist’s, dass ich an ihn glaube. Jesus sprach zu ihm: Du hast ihn gesehen, und der mit dir redet, der ist’s. „(Joh 9,35-41).
Es gibt viele Bibelstellen, in denen Jesus sich als den Menschensohn identifiziert. Der Begriff des Menschensohns geht zurück auf das Alte Testament und die Vision des Propheten Daniel (Dan 7,1-13).
Die Vision beginnt mit vier Weltreichen, die als Tiere dargestellt, dem Meer entsteigen. Diese herrschen nacheinander, bevor ihnen die Macht wieder genommen wird. Nach dem Ende der Herrschaft der vier Reiche beschreibt der Prophet Daniel Folgendes (Dan 7, 12):
„Ich war immer noch in der Beschauung der nächtlichen Gesichte, da kam auf den Wolken des Himmels eine Gestalt wie ein Menschensohn; er gelangte bis zu dem Hochbetagten und wurde vor diesen hingeführt. Ihm wurde nun Macht und Herrlichkeit und die Königsherrschaft gegeben. Alle Völker, Nationen und Sprachen sollten ihm dienen. Seine Herrschaft sollte eine ewige Herrschaft sein, die nie vergehen wird, und sein Königtum sollte niemals untergehen.“ (Dan 7,13-14).
„Der Hochbetagte“ ist wird als Gott gedeutet. Im Gegensatz zu den zeitlich begrenzten Weltreichen der Tiergestalten errichtet der Menschensohn eine Herrschaft die kein Ende hat. Die Tiergestalten kommen aus dem Meer, während der Menschensohn mit den Wolken des Himmels kommt. Die Bedeutung dieser Vision wird dem Propheten noch von einem Engel erklärt:
„Jene vier großen Tiere bedeuten vier Könige, die sich auf der Erde erheben werden. Dann werden aber die Heiligen des Höchsten das Königtum erhalten, und sie werden das Königtum besitzen für immer und in alle Ewigkeit.“ (Dan 7,17-18).
Genauers hierzu wird in der Serie Jesus Glauben in der Folge 11 erläutert:
In Matthäus 26, 25, der die Vernehmung Jesus vor dem Hohen Rat (der religiösen Elite seiner Zeit) schildert, bezieht sich Jesus genau auf diese Vision des Propheten Daniel.
„Und der Hohepriester stand auf und sprach zu ihm: Antwortest du nichts auf das, was diese gegen dich bezeugen? Aber Jesus schwieg still.
Und der Hohepriester sprach zu ihm: Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, dass du uns sagst, ob du der Christus bist, der Sohn Gottes.
Jesus sprach zu ihm: Du sagst es. Doch sage ich euch: Von nun an werdet ihr sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen auf den Wolken des Himmels.„
Markus 13, 24-27: „Aber gleich nach der Bedrängnis jener Tage wird die Sonne verfinstert werden und der Mond seinen Schein nicht geben, und die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte der Himmel werden erschüttert werden. Und dann wird das Zeichen des Sohnes des Menschen am Himmel erscheinen; und dann werden wehklagen alle Stämme der Erde, und sie werden den Sohn des Menschen kommen sehen auf den Wolken des Himmels mit großer Macht und Herrlichkeit.
Dieser Titel wird von Jesus häufiger gebraucht als der von weltlichen Vorstellungen überlagerte Messiasbegriff. Hier erwarteten seine Zeitgenossen einen weltlichen Priesterkönig wie König David (einer der ersten Könige Israels), der sie von der Herrschaft der Römer befreien sollte.
Tatsächlich war aber das Reich Jesu eben nicht von dieser Welt, wie er bei seiner Verhandlung vor der römischen Justiz bezeugte, weshalb seine Zeitgenossen große Schwierigkeiten hatten, weil Jesus nicht ihren Vorstellungen des verheißenen Messias entsprach.
Johannes 18, 35–37: „Pilatus antwortete: Bin ich ein Jude? Dein Volk und die Hohenpriester haben dich mir überantwortet. Was hast du getan? Jesus antwortete: Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wäre mein Reich von dieser Welt, meine Diener würden kämpfen, daß ich den Juden nicht überantwortet würde; aber nun ist mein Reich nicht von dieser Welt.“